Wie der Glögglifrosch um sein Überleben kämpft
Der Glögglifrosch hats in der heutigen Zeit hart. Doch Biologen wie Thomas Röösli sorgen dafür, dass er neue Lebensräume erhält. Auch wenn der Wissenschaftler der Amphibie ganz anders sagt.
Der Glögglifrosch: So lustig sein Name tönt, korrekt ist er nicht. Denn der Glögglifrosch ist nämlich gar kein Frosch. Der Frosch ist stärker ans Wasser gebunden und paart sich auch dort. Der Glögglifrosch, den Biologen wie Thomas Röösli vor allem Geburtshelferkröte nennen, dagegen fühlt sich an Land wohl, er paart sich dort und geht nur ins Wasser, um die Larven abzusetzen. Die Kröte gibt im Gegensatz zum fragilen Frosch zudem ein eher plumpes Bild ab: Ihre Hinterbeine und Vorderbeine sind etwa gleich lang. Beim Frosch dagegen sind die Hinterbeine lang und schlank. Darum kann er hüpfen. Die Kröte aber bewegt sich fast kriechend auf dem Boden fort, kann erstaunlicherweise auch ganz gut klettern. Kein Wunder, haben die Gebrüder Grimm den Frosch zur Märchenfigur gemacht und nicht die Kröte. Und eigentlich ist die Geburtshelferkröte auch keine Kröte, sondern ein Scheibenzüngler.
Thomas Röösli nennt den Glögglifrosch auch gerne Glögglifrosch, weil er den Namen mag, doch er sagt: «Eigentlich heisst er nur im Volksmund so.» Röösli kennt sich mit der Amphibie aus, weiss, wo sie sich im Kanton Luzern überall aufhält: Seit bald zwölf Jahren leitet er im Auftrag des Kantons das Schutzprogramm des stark gefährdeten Tiers. «Noch vor wenigen Jahrzehnten war die Geburtshelferkröte im Mittelland weit verbreitet.» Heute sind ihre Vorkommen im Kanton Luzern mehr oder weniger auf die Voralpen beschränkt.
Zwei auffallende Namen
Glögglifrosch und Geburtshelferkröte: Die bis zu etwa vier Zentimeter grosse Amphibie hat zwei aussergewöhnliche Name. Zu ersterem: Der Ruf des Glögglifroschs hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Quaken von Fröschen und Kröten zu tun. Er hat eher den Klang eines hellen, flötenden Glockenschlags. Rufen mehrere Tiere zugleich, tönt es wie ein Glockenspiel. Mit dem Ruf zeigt das Männchen dem Weibchen an, wo es hockt. Zu hören ist der Ruf vor allem im Frühling und Frühsommer, zur Zeit der Paarung.
Der zweite Name hat mit dem einzigartigen Verhalten der Männchen bei der Fortpflanzung zu tun. Das Weibchen legt die Eier, die wie bei einer Perlenkette mit einer Schnur verbunden sind, das Männchen besamt die Eier und wickelt sie um seine Fersengelenke. Dann wickelt er die Eierkette um seine Hinterbeine und zieht sich an eine sichere, warme und trockene Stelle zurück, um die Eier reifen zu lassen. Nach drei bis sechs Wochen kriecht das Männchen zum Wasser und setzt sich hinein. Nach wenigen Minuten nur öffnen sich die Eier und entlassen die Kaulquappen.
Es ist die Art zu leben, die der Kröte das Überleben schwer machen. Und natürlich die Umstände, die der Mensch verändert hat. Die bevorzugten Lebensgebiete der Geburtshelferkröte sind nebst natürlichen Flusslandschaften vernässte Wald- oder Wiesenborde und Hänge, die immer wieder abrutschen. So entstehen immer wieder neue kleine Tümpel. Doch solche Hänge mit rutschenden Wiesen existieren kaum mehr. Noch wichtiger aber: Die intensive Landwirtschaft hat den Lebensraum der Kröte massiv eingeschränkt.
So tönt der Glögglifrosch
Hier gehts zu einem Beitrag der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens aus dem Jahr 2013, als der Glögglifrosch zum Tier des Jahres ausgerufen wurde:
Das Video zum GlögglifroschSeit über zwei Jahrzehnten versucht der Kanton Luzern, der Geburtshelferkröte zu helfen, national hatte Pro Natura diese 2013 gar zum Tier des Jahres ausgerufen, um ihm mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Thomas Röösli kann im Luzernischen aufzeigen, dass solche Hilfsprogramme etwas bringen – auch in Gebieten des Projekts «Wald der Zukunft», das von USZIT finanziell unterstützt wird. Die Kröte hat sich jetzt sogar auf dem Gebiet der Stadt Luzern niedergelassen: Im Weiher mitten im Gütschwald, ein paar Hundert Meter weit weg vom berühmten Hotel Gütsch, hat der freischaffende Biologe dieses Frühjahr den Ruf von fünf solchen Tieren registriert. Und was ihn selber etwas in Erstaunen versetzt: «Eigentlich meiden Geburtshelferkröten Weiher wie diesen, sie mögen es nicht, wenn ihre natürlichen Feinde zu nahe sind.» Im Weiher des Gütschwalds ist das aber so: Im Wasser schwimmen Hunderte von Fischen, hauptsächlich sind es Graskarpfen, die aus China stammen, aber auch Rotwangenschildkröten. Und es hat viele Insektenlarven, die sich gerne an den Kaulquappen gütlich tun.
Doch am Beispiel der Geburtshelferkröte im Gütschwald kann Röösli erklären, wie die Geburtshelferkröte sich fortbewegt und wie ihr kleine Eingriffe in der Natur helfen können. Eine Gärtnerei auf dem nahen Sonnenberg pflegte über Jahrzehnte auf ihrem Gebiet Weiher, in denen sich der Glögglifrosch wohlfühlte. Er lebt allerdings meist nur in kleinen Populationen zusammen. Was bedeutet, dass sich die Kröte immer wieder neue Lebensräume suchen muss, wenn ihre Familie zu gross wird. So liessen sich Kröten aus der Gärtnerei in einem Löschwasserbecken in einem etwa zwei Kilometer entfernten Bauernhof nieder. Dieser wurde durch ein Wohnhaus ersetzt, das Becken aufgehoben. Der Kanton verpflichtete die Bauherren aber im letzten Moment, eine Alternative in der Nähe zu erstellen. Etwa 300 Meter entfernt baute man vor vier Jahren einen kleinen Weiher – genau so, wie die Geburtshelferkröte es liebt: «Sie ist eigentlich recht anspruchslos, solange ihre natürlichen Feinde sich nicht bei ihnen niederlassen können – sie kann auch bei einem sehr trüben Gewässer leben.» Was sie bevorzugt: eine karge Umgebung, zum Beispiel eine besonnte Steinmauer mit Ritzen und Freiräumen, in die sie sich zurückziehen kann. Kaum Gras und Büsche am Ufer.
An diesem neuen Weiher hat Röösli in diesem Frühjahr nun den Ruf eines Glögglifroschs wieder gehört und sechs überwinterte Kaulquappen gefunden: ein Zeichen für ihn, dass sie sich hier niedergelassen haben. Und von hier sind sie auch bereits weitergezogen in den Weiher des Gütschwalds und in andere nahe Teiche. Es ist eine Erfolgsgeschichte für das Tier mit den eigentümlichen Namen und dem einzigartigen Ruf.
USZIT unterstützt den Schweizer Wald
USZIT ist nur ein Bier. Aber auch das kann einen Unterschied machen. Bei USZIT glauben wir, dass Zeit im Freien zu verbringen ein wichtiger Teil unserer Identität ist. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Wald zu. Er gleicht uns aus, er gibt uns die Kraft, die wir brauchen, um unseren Alltag zu bewältigen.
Mehr erfahren